Fußball: Taktisches Konzept der SG 06 geht im Derby voll auf

Der erste Streich: Timo Beughold (links) lässt sich von Felix Wirtz nicht stoppen und trifft zur Führung für die SG 06 – drei weitere Tore ließen die Gastgeber in diesem Derby noch folgen. Foto: fw

Passend zum freudetrunkenen Regenwalzer, zu dem die Derbyhelden unmittelbar nach dem Abpfiff ansetzten, leuchtete ein Regenbogen am Himmel über dem VR-Bank Sportpark. „Wegen uns weint der Himmel jedenfalls keine Tränen“, stellte Markus Lindner fest. Wie wahr, denn der zweite Punktspiel-Derbysieg in der Geschichte der SG Coesfeld 06 geriet für sie trotz des miesen Wetters zu einer Spaßveranstaltung. Wegen dieses satten 4:0 gegen die DJK Eintracht, vor allem aber auch, weil das taktische Konzept zu 100 Prozent aufgegangen ist.

Defensiv sicher stehen, nach vorne Nadelstiche setzen und schnelle Umschaltmomente nutzen – an diesem Nachmittag fühlte sich die SG 06 bewogen, reichlich Inhalte für einen Lehrfilm zu liefern. Jedenfalls ging es nach einer eher drögen Anfangsphase, in der offenkundig keiner der beiden Ortsrivalen einen Fehler riskieren wollte, ab die wie berühmte Schmitz’ Katze. „Im Zentrum waren wir richtig aggressiv“, freute sich der Trainer. „Und nach den Ballgewinnen haben wir es super gemacht.“ Zwei Zuckerpässe, zwei Turbo-Antritte von Timo Beughold, zwei Tore! Und hätten sie in Minute 45.+2 nicht eine Monsterchance vergeben, wäre der Deckel schon zur Pause drauf gewesen. „Eigentlich kann der Deeli mit dem Ball ins Tor laufen“, dachte Lindner an die Aktion seines Trainerkollegen Marcel Deelen, der nach einem weiteren Steilpass von Mika Rotthäuser frei auf den Kasten von Jannis Thentie zueilte, aber nicht selbst abschloss, sondern den letztlich viel zu ungenauen Querpass auf Lucas Jacobs versuchte. Deelen vergrub sein Gesicht im klitschnassen Trikot und äußerte einen Fluch in den Regenhimmel, der hier nicht zitiert werden sollte.

Dafür durfte der Mann, der diesen Pass nicht erreichen konnte, kurz nach der Pause jubeln – und das war eine Befreiung erster Güte! Entschlossen tankte sich Lucas Jacobs durch und traf mit Urgewalt zum 3:0 ins Netz, was das Ende einer langen Leidenszeit markierte. Sein erstes Saisontor am zwölften Spieltag, endlich! „Das nervt schon gewaltig, wenn man so lange darauf warten muss“, gab der Kapitän zu, der mehrere Wochen auf Eis lag: Erst setzte ihn eine Wadenzerrung außer Gefecht, dann spielte der Oberschenkel nicht mit. „Aber für die Mannschaft lief es ja oft ganz gut, das ist viel wichtiger“, wollte sich Jacobs gar nicht in den Vordergrund stellen. Trotzdem, oder gerade wegen dieser Vorgeschichte, empfand er diesen Treffer als besonders. „Das erste Saisontor ausgerechnet im Derby“, grinste er. „Da gibt es schlechtere Anlässe.“

Das wollte Markus Lindner exakt so unterschreiben, der sich umso mehr für seinen Kapitän freute. Was den Trainer aber am meisten begeisterte, war die Reaktion auf das unterirdische 1:5 beim TSV Raesfeld eine Woche zuvor. „Wir haben den Rest-Knopf gedrückt und den Jungs unter der Woche verdeutlicht, was wir erwarten“, berichtete er. Aggressivität, Leidenschaft, alles angekommen, was ihnen Mut macht für die schweren nächsten Wochen bis zur Winterpause mit den Spielen gegen Viktoria Heiden, ASC Schöppingen, SV Gescher und VfL Ramsdorf. „Wenn wir es defensiv so konzentriert wie diesmal machen, müssen wir vor keinem Gegner Angst haben“, zeigte sich der Trainer überzeugt. Aber ausruhen dürfen sie sich auf diesen 4:0-Derbysieg sicher nicht, denn die Fußball-Mathematik hebelt auch dieses besondere Erfolgserlebnis nicht aus. „Gibt auch nur drei Punkte“, zuckte Lindner mit den Schultern. „Aber wahrscheinlich ein Bier mehr.“

Quelle: Allgemeine Zeitung Coesfeld vom 31.10.2023