Nach zweistressigen Jahren sollen die Punkte für den Klassenerhalt frühzeitiger eingefahren werden

Auf die dritte Zitterpartie in Folge verspüren sie keine große Lust. 2021/22 war der Klassenerhalt erst am vorletzten Spieltag eingetütet, in der vergangenen Saison ebenso – obwohl Marcel Deelen innigst auf eine stressfreie Spielzeit gehofft hatte. Einen Wunsch, den er nur erneuern kann.
„Es gilt dasselbe Ziel wie vor einem Jahr“, sagt der Spielertrainer der SG Coesfeld 06. „Wir wollen frühzeitig mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben.“ Einfach mal entspannt durch die Saison kommen, das wäre eine feine Sache. Leichter gesagt, als getan. Denn ihnen ist sehr wohl bewusst, dass diese Bezirksliga für viele Mannschaften wieder als echtes Brett daher kommt. „Vier von 16 müssen absteigen, das ist hart“, ahnt Markus Lindner, der neue Mann neben Deelen auf der Kommandobrücke, dass sich das Unternehmen Klassenerhalt wieder  wie ein Kaugummi
durch die Monate ziehen könnte. „Zehn Kandidaten werden da bestimmt im Rennen sein“, spekuliert er.

Dass  seine SG 06 dazuzählen könnte, haben sie durchaus auf dem Schirm. Das lehrt zumindest die Erfahrung aus den vergangenen beiden Bezirksliga-Jahren, in denen sich ein Phänomen wiederholte: Auf eine ordentliche Hinserie folgte eine überschaubare Rückrunde, die sie in größte Nöte stürzte. Denn nach der Winterpause haben sie einen kapitalen Fehlstart hingelegt, teils mit unglücklichen Niederlagen wie gegen Vorwärts Epe (1:2) und ASC Schöppingen (0:2), aber auch einem schwachen 0:2 gegen VfL Ramsdorf und dem 1:5 im Derby bei der DJK. „Da war das schöne Polster, was wir uns erarbeitet hatten, schon wieder weg“, stellt Deelen fest. Fortan mussten sie gehörig zittern, bis das Ziel am Ende mit einem Punkt Vorsprung erreicht war. Warum es diesmal besser laufen könnte? „Weil der Kader breiter ist“, betont Marcel Deelen. „Das ist ganz
wichtig.“ Die ständig wiederkehrenden Personalprobleme sollen endlich der Vergangenheit angehören. Und sollte doch einmal Unterstützung „von unten“ nötig sein, ist die Kluft nicht mehr so groß. „Vor dem Hintergrund ist der Aufstieg unserer zweiten Mannschaft in
die Kreisliga A sehr wertvoll“, sagt der Sportliche Leiter Dirk Lowak, der ohnehin die gute Zusammenarbeit zwischen den Teams lobt.

Wobei das Ziel sein sollte, eher mal Verstärkungen nach unten abgeben zu können, ergänzt Markus Lindner. 25 Kicker umfasst der
Bezirksliga-Kader nun, das sollte hoffentlich reichen – und befeuert zusätzlich den Konkurrenzkampf. „Im Trainingsbetrieb ist schon eine ganz andere Intensität zu spüren“, freut sich der Darfelder. Künftig soll sich die Mannschaft nicht mehr von selbst aufstellen. Eben diese Quantität und
Qualität benötigen sie, um ihr Ziel zu erreichen. In einer Liga, in der so viel drin ist wie in einer Frikadelle. „Die geilste Liga im gesamten
Münsterland“, drückt Markus Lindner seine Vorfreude aus. Attraktive Neulinge, jede Woche irgendwo ein Derby, „mit Halbgas ist das
nicht zu machen.“ Gegen keinen Gegner und schon gar nicht gegen die Favoriten auf Meisterschaft und Landesliga-Aufstieg. Viktoria Heiden mit Trainer Erdal Dasdan hält Lindner für den Anwärter Nummer eins, Marcel Deelen setzt auf SC Reken: „Was die hier beim COE-Cup abgeliefert haben, war schon beeindruckend.“ Auch dem SV Gescher trauen beide eine Menge zu. Nach ganz oben wollen sie nicht blicken, sondern sich
viel lieber auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren. 40 Punkte holen – „aber das wollen sie ja alle“, zuckt Markus Lindner mit den Schultern. Dazu müssen sie immer und immer wieder an ihr Limit gehen: „Hier kannst du dich nicht drei Wochen weglegen.“ Sonst geht zum dritten Mal in Folge das große Zittern wieder los, auf das sie so gar keineLust mehr haben.

Wenn sich die Neuzugänge zusammenstellen, taugt das beinahe allein für ein Mannschaftsfoto. Zehn an der Zahl sind es, was die meisten Clubs im Umfeld toppen dürfte. „Wir müssen ja auch einige Abgänge auffangen“, erklärt Marcel Deelen. „Und der Kader musste unbedingt vergrößert werden.“ Das ist ihnen gelungen mit externer und interner Hilfe. Komplett neu aufstellen muss sich die SG 06 auf der Torwartposition. Denn neben den beiden Stammspielern Max Meßing, der zum SuS Stadtlohn zurückgekehrt ist, und Stefan Thier,
der aus Studiengründen in Dortmund wohnt und dort nun für den Bezirksligisten Kirchhörder SC aufläuft, stehen auch die beiden bisherigen Schnapper nicht mehr zur Verfügung. Tim Herbstmann hat sich zum Ortsrivalen DJK Eintracht verabschiedet, Marius Meßing tritt
kürzer und steht allenfalls noch „stand-by“ zur Verfügung. „Das ist ein Brett“, weiß Markus Lindner um die Veränderung.

Schließen soll die Lücke Jannik Fleige, Coesfelder, der zuletzt für GW Nottuln II aktiv war, beziehungsweise Niklas Kusznerenko, der aus der zweiten Mannschaft hochrückt. Ordentlich zugelegt hat die SG 06 in der Abteilung Attacke. Da ist Mika Rotthäuser, der „verlorene Sohn“, der zu seinem Heimatverein zurückkehrt – und das mit der Empfehlung von 16 Bezirksliga-Toren, mit denen er in der vergangenen Saison den VfL Ramsdorf vor dem Abstieg gerettet hat. Wo die Bude steht, weiß auch Timo Beughold, der von Arminia Appelhülsen kommt. „Er bringt die
Geschwindigkeit mit“, freut sich Lindner. „Offensiv sind wir gut besetzt.“ Zumal auch Erxhan Terpeza, der aus dem Kosovo kommt und in der
Rückrunde bereits mittrainiert hat, vorne mitmischen kann. Ansonsten haben sie auch in den eigenen Reihen nach Verstärkung gesucht und gefunden. Mayrick Kallus und Florian Weber rücken aus der zweite Mannschaft hoch, Tobias Kerkeling kommt aus der A-Jugend – wie übrigens
auch Titus Terbeck, der noch Jugendspieler ist, aber mit einer Frühsenioren-Erklärung erste Erfahrungen sammeln soll. Erfahrungen, die
Alex Bauer reichlich mitbringt: Er schnürt wieder die Schuhe und packt im Mittelfeld an. Ebenfalls eine SG Vergangenheit bringt Luis
Thoms mit, der in der Jugend zu GW Nottuln gewechselt ist und nun zurückkehrt. „Leider hat er sich in der Vorbereitung eine
Bänderdehnung zugezogen“, bedauert Lindner. Thoms befindet sich im Aufbautraining, ebenso wie Cedric Schürmann, der sich nach
seiner Knie-OP auf einem guten Weg befindet.

So wollen sie für ein ruhigeres Jahr sorgen. Mit Markus Lindner als neuem
Mann im Trainerteam, der die SG 06 aus seinen Jahren von 2009 bis 2013 bestens kennt. Der 51-Jährige wird vom Rand dirigieren, während sein 29-jähriger Kollege Marcel Deelen vornehmlich auf dem Platz unterwegs sein wird, kündigt Lindner an: „Da brauchen wir ihn unbedingt für Ideen und Verantwortung.“