Minimal besetzt, maximal überzeugt

Seit über 30 Jahren ist Ulrich Rickert als Trainer tätig – was ihn aber nicht davor schützt, völlig neue Erfahrungen zu machen. „So viele Ausfälle an einem Wettkampftag, das habe ich in all den Jahren noch nie erlebt“, staunte er. An allen Geräten ohne Streichergebnis, dazu mit Aktiven, die teils jahrelang nicht in diesen Disziplinen geturnt hatten. Umso höher ist der Auftritt der Verbandsliga-Turner der SG Coesfeld 06 zu bewerten, die beim TV Isselhorst zwar nicht den Gesamtsieg mitnehmen konnte, aber dicht an die 200 Punkte kam. „Eine richtig gute Leistung“, zeigte sich Rickert so zufrieden wie selten nach einer Niederlage.

Gleich drei Stammturner fielen kurzfristig aus, Simon Sandscheper war nach seiner OP noch nicht wieder einsatzbereit, dazu weilte Nachwuchstalent Lasse Lütke Brochtrup auf seiner Firmung. „Wir wollten eigentlich absagen“, gab der Trainer ehrlich zu. „Aber ein Nachholtermin wäre schwierig zu finden gewesen.“

So gingen sie auf die Reise nach Ostwestfalen und bewiesen reichlich Improvisationstalent. Vitali Züch musste beispielsweise am Boden, Sprung und Barren ran – Geräte, an denen er 2017 beim Deutschen Turnfest in Berlin letztmalig in einem Wettkampf geturnt hatte. „Im Training spezialisieren sich unsere Turner ja auf ihre Geräte“, erklärte Rickert. Kurzerhand wurden für Züch Übungen zusammengestellt, mit denen er wertvolle Punkte für die Gesamtwertung sammelte.

Weil klar war, dass kein Streichergebnis zur Verfügung stehen würde, scheuten die Coesfelder bisweilen das ganz große Risiko, um auf jeden Fall vernünftige Wertungen zu bekommen. Dabei verloren sie jeweils nur knapp am Boden (34,85:36,80) und am Pauschenpferd (30,45:32,80), obwohl die Isselhorster mit Constantin Leifeld und Marcel Groß zwei Aktive aus der ehemaligen Bundesligamannschaft aufgeboten hatten. „Die haben richtig stark geturnt“, dachte Ulrich Rickert unter anderem an die 13,50 für Leifeld am Boden oder die 12,60 von Groß am Barren.

Die zweithöchste Tageswertung hinter Leifeld holte sich aber ein Coesfelder: Koray Aktas wurde für seine Übung an den Ringen mit 12,95 Zählern belohnt, was mit den guten Wertungen für Tim Jakob und Kudret Aydin dazu beitrug, dass die SG 06 dieses Gerät mit 35,55:34,90 für sich entschied. Mit einem 32,25:31,60-Sieg am Sprung rückten die Coesfelder in der Gesamtwertung weiter an den TV Isselhorst heran. Der entschied aber die Übungen am Barren (34,75:34,50) und Reck (33,05:30,35) für sich und durfte sich insgesamt einen 203,90:197,95-Erfolg notieren lassen.

Die Freude im Coesfelder Team war dennoch nicht getrübt. „Wir sind froh, dass wir es durchgezogen haben“, betonte Ulrich Rickert, der sich zugleich stolz darauf fühlte, trotz aller Probleme eine Mannschaft stellen zu können: „Das spricht für die Breite in unserem Team.“ Die wollen sie beim abschließenden Verbandsliga-Wettkampf am 2. April in Plettenberg noch einmal unter Beweis stellen. „Komplett werden wir auch dann wohl nicht sein“, blickte der Trainer voraus. Aber dann soll der Auftritt auch mit einem Sieg belohnt werden.

Die Turner der SG Coesfeld 06 präsentierten sich in Isselhorst trotz dünner Besetzung hervorragend: (von links) Simon Sandscheper (ohne Einsatz), Daniel Kondring (Heimkampfrichter), Joachim Hillers, Trainer Ulrich Rickert, Koray Aktas, Vitali Züch, Kudret Aydin und Tim Jakob; es fehlen: Alexander Sueck, Florian Wein-Kleinschnitker, Joshua Sachse, Jannik Voss und Lasse Lütke-Brochtrup.

Quelle: Allgemeine Zeitung Coesfeld vom 16.03.2022