Im Keller brennt noch ein Licht

Der Moment, wenn du zum Matchball am Netz hochsteigst und das gegnerische Feld vor dir hast – „da zieht gefühlt dein ganzes Leben an dir vorbei“, gibt Malte Alsmeier lachend einen Einblick in seine Gefühlswelt. „Zumal ich ja kurz vorher so ein Ding ausgelassen hatte.“ Diesmal aber nutzt er die Riesenchance in den Sekundenbruchteilen, die auf ihn wie eine Ewigkeit wirken. Der Ball schlägt ein im Feld von Telekom Post SV Bielefeld, der Rest geht im Jubelorkan unter. Gewonnen! Nicht einfach so, sondern dramatisch, mit Kampfgeist, phasenweise auch mit Klasse. Mit diesem 3:2, dem zweiten Saisonsieg überhaupt, senden die Volleyballer der SG Coesfeld 06 ein Lebenszeichen.

Geschafft. Das trifft auch auf den Trainer zu, der nach fast genau zwei Stunden Spielzeit einen kräftigen Schluck aus der Pulle benötigt. „Da musste ich alle Register ziehen“, ist Udo Jeschke sichtlich geschafft. Mit den Wechseln hat er immer wieder dafür gesorgt, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Akteure am richtigen Platz zu haben – und „nebenbei“ von der Seitenlinie immer wieder die Stimmung angeheizt. Die ist an diesem Abend vorzüglich, weil die Coesfelder als krasser Außenseiter gegen den Aufstiegsanwärter alles reinwerfen. „Wir arbeiten eben konzentriert daran, auf den Positionen besser zu werden“, sagt der Trainer. Gut zweieinhalb Wochen nach seiner Rückkehr sind die ersten Früchte zu sehen. Jeschke selbst bringt es kurz auf den Punkt: „Ich bin begeistert!“

Begeistert sind auch die Fans, denn ihr Team legt los wie die Feuerwehr, führt schnell mit 6:1 und 12:5. Auf 17:15 kommen die Gäste noch einmal heran, aber Philipp Heuermann nutzt gleich den ersten Satzball zum 25:20. „Leider konnten wir das Niveau nicht halten“, denkt der Trainer an den zweiten Durchgang, der gerade einmal 18 Minuten dauert und mit 12:25 an Bielefeld geht.

Es werden nicht wenige Zuschauer sein, die nun damit rechnen, dass die Sache ihren Lauf nimmt und der Favorit sich durchsetzen wird. „Wir haben den Gegner dann aber überrascht“, lächelt Jeschke, der im dritten Satz zwei Zuspieler aufbietet und für Verwirrung bei den Bielefeldern sorgt. Als Philipp Heuermann den Ball mit viel Gefühl vorbei am Block zum 17:12 ins Feld legt, tobt die Halle – und kurz darauf ist mit dem 25:18 die 2:1-Führung geschafft. Satz vier wiederum ist ein Spiegelbild des zweiten: Über 6:9 und 12:18 setzen sich die Gäste ab, schaffen mit 14:25 den Ausgleich.

Also Tiebreak. In dem steht es 4:7 und 9:11 aus Coesfelder Sicht, ehe die Spannungskurve endgültig nach oben ausschlägt: Vier Punkte in Folge bescheren das 13:11, kurz darauf hat die SG 06 bei 14:12 zwei Matchbälle – und sieht sich eine Minute später beim 14:15 selbst einem Matchball des Gegners gegenüber. Wiederum Philipp Heuermann wehrt ab, Tom Gröning besorgt das 16:15, dann kommt Malte Alsmeier und schmettert den Ball zum Sieg ins Feld.

Begeisterung pur ist angesagt. Wesentlich verbessert hat sich die Situation bei immer noch 13 Punkten Rückstand nicht, aber dieses Gefühl . . . „Die Mannschaft ist immer wieder aufgestanden und hat endlich gezeigt, was sie kann“, strahlt Udo Jeschke. Was noch geht? Abwarten. „Der Funke ist entzündet“, stellt der Trainer fest. „Jetzt muss daraus eine Flamme werden.“

SG Coesfeld 06 – Telekom Post SV Bielefeld 3:2 (25:20, 12:25, 25:18, 14:25, 17:15).

Bilder und Text: Frank Wittenberg, Allgemeine Zeitung Coesfeld

Bildunterschrift:
Coesfelder Block mit zwei entscheidenden Akteuren: Malte Alsmeier (Mitte) versenkte den Matchball zum 3:2-Sieg, Paul Winkels (rechts) wurde zum wertvollsten SG-Spieler gewählt.