Walking Football: DJK gewinnt das erste Ortsduell gegen die SG 06Derbysieger ohne Diver

Der gesamten Tragweite dieses historischen Momentes scheint er sich gar nicht bewusst zu sein. Es ist das erste offizielle Walking Football-Tor in der 124-jährigen Vereinsgeschichte der DJK Eintracht Coesfeld, doch der Jubel von Ralf Tendiek fällt eher verhalten aus. Nicht ausgekostet mit einem Diver rutschend vor den eigenen Fans. „Wie denn, ich darf ja nicht rennen“, zuckt „Tenne“ mit den Schultern. Da würde die dynamische Pose nur zum satten Bauchplatscher mutieren. „Ich weiß ja nicht, ob ich jetzt noch auf den Rathausbalkon muss.“ Ralf „Tenne“ Tendiek nach dem ersten offiziellen Walking Football-Treffer in der DJK-Vereinsgeschichte.

Technik verlernt man nicht: SG’ler Heinz Meßing zählt mit zarten 73 Lenzen zu den ältesten Walking Footballern.

Es ist das allererste Coesfelder Ortsderby zwischen der SG 06 und der DJK Eintracht in dieser noch jungen Sportart für die älteren Semester. Walking Football ist die Form des Fußballs, die weitgehend körperlos auf einem verkleinerten Feld mit 3 x 1 Meter großen Toren gespielt wird – und bei der vor allem nicht gerannt werden darf. Immer ein Fuß auf den Boden, so lautet die Regel, was in der Optik an die olympische Sportart Gehen erinnert. Sieht bisweilen seltsam aus, bietet aber die Möglichkeit, „trotz körperlicher Einschränkungen oder des fortgeschrittenen Alters noch unserem Sport nachzugehen“, erklärt Torsten Clausen, der bei der SG 06 für die Walking Footballer verantwortlich ist. Seit drei Jahren gibt es das Angebot, trainiert wird einmal in der Woche im Sportzentrum Süd. „Zwölf oder mehr Leute sind wir immer“, sagt Clausen. „Insgesamt haben wir rund 25 Spieler im Kader.“

Christian Herbstmann (links) nimmt Maß und trifft für die Walking Footballer der DJK Eintracht.

Nun also das allererste Coesfelder Duell. Und den allerersten Derbytreffer erzielt – besser hätte es sich niemand ausdenken können – die einzige Frau unter lauter Männern: Anna-Lena Kaute nimmt Maß und markiert das 1:0 für die SG 06. Wie die meisten ihrer Teamkollegen kommt sie vom klassischen Fußball, hat unter anderem für den DJK-VfL Billerbeck gespielt, bis Verletzungsprobleme sie im wahrsten Sinne in die Knie gezwungen haben. Walking Football hat sie für sich als passende Alternative entdeckt – seitdem mischt die 27-Jährige in der Sportart mit, die eigentlich für Ü 55 gedacht ist. Aber alle sind sie froh, „ihre“ Anna-Lena in ihren Reihen zu haben.

„Ich würde sagen: Coesfeld gewinnt!“ Torsten Clausen (SG 06) lag mit seiner Prognose richtig, hätte aber lieber einen Sieg für sein Team gesehen.

Nummer eins auf dem Rücken, erste Türschützin: Anna-Lena Kaute.

Trotz des historischen Treffers von Ralf Tendiek geht das erste Viertel nach 15 Minuten mit 3:1 an die SG 06. Wohl der erwartete Verlauf, denn für die DJK ist es der erste offizielle Auftritt überhaupt. „Wir sind erst im vergangenen November angefangen“, erzählt Dirk Brünemann. 16 Kicker hat der Teammanager mittlerweile um sich geschart, „Tendenz steigend.“ Was den Reiz ausmacht? „Das ist einfach eine super Sportart für alle, die nicht mehr das ganz hohe Tempo gehen können oder wollen“, muss Brünemann nicht lange überlegen. Den Ball sichern, kontrolliert spielen, ein gutes Auge beweisen, die Technik von früher hilft.

Ortsrivalen einträchtig vereint: Zum ersten Mal standen sich die Walking Footballer der SG 06 und der DJK Eintracht in einem Freundschaftsspiel gegenüber – mit dem besseren Ende für die „Blauen“.

Und die „Blauen“ lernen offenbar schnell. Schon das zweite Viertel entscheiden sie mit 2:1 für sich. Das ist der Ausgleich zum 1:1, weil am Ende nicht die Tore insgesamt zählen, sondern die jeweils gewonnenen Spielabschnitte. Durchgang Nummer  drei endet torlos – jetzt kommt alles auf das letzte Viertel an, in dem es drei Minuten vor Schluss noch 1:1 steht. Dann packen die DJK’ler kurzerhand eine Traumkombination aus über Tobias Oenning und Reinhold „Brane“ Brambrink inklusive  Hackentrick, vollendet von – natürlich – Ralf „Tenne“ Tendiek, dem Mann, der die legendäre Nummer sieben schon auf dem Rücken trug, als Senor Raúl noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen ist. Hätten Karsten Erwig 1 und Patrick Koster das live und in Farbe gesehen, sie hätten die „Jungs“ glatt noch für Sonntag ins Landesliga-Team berufen.2:1 für die Eintrachtler, insgesamt ebenfalls ein 2:1, das ist der Derbysieg! „Schade, ich hätte gerne mitgeteilt, dass wir Stadtmeister sind“, zuckt Torsten Clausen mit den Schultern. Darauf muss die SG nun bis zu einer Revanche warten. Die Spielanalyse erfolgt anschließend gemeinsam. Auch das gehört dazu und macht den Walking Football aus, findet Dirk Brünemann. „In England spielen sogar viele Leute um die 80″, verweist er auf die große Altersspanne, die diese Sportart ermöglicht. Bestes Beispiel an diesem Abend: SG’ler Heinz Meßing, der mit seinen 73 Lenzen nichts von seiner Technik eingebüßt hat. Nur den Derbysieg kann er nicht eintüten, der geht an den Ortsrivalen – ohne Diver, aber mit jeder Menge Spaß.

Die Walking Footballer der SG 06 trainieren jeden Donnerstag um 19 Uhr im Sportzentrum Süd am Weßlings Kamp. Das Training der DJK findet immer mittwochs um 19.30 Uhr auf dem Kunstrasen an der Reiningstraße statt. Neulinge sind in beiden Teams jederzeit willkommen.

Quelle: Allgemeine Zeitung Coesfeld